Vortrag: Erfahrung, Wissen u. Moral. Zeugenschaft des Holocaust im Wandel der vergangenen 80 Jahre
Beginn
03.04.2020 - 19:00 Uhr
Ende
03.04.2020 - 19:00 Uhr
Ort
Nordhausen | Stadtbibliothek "Rudolf Hagelstange" | Ratssaal
99734 Nordhausen
Veranstalter
Stadt Nordhausen
Beschreibung
Vortrag von Daniel Schuch, M.A. (Friedrich-Schiller-Universität Jena)
Das Jahr 2020 markiert den 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald und seines Außenlagers
Mittelbau-Dora. Erste Zeugnisse der nationalsozialistischen Gewaltverbrechen und insbesondere der
Judenverfolgung entstanden allerdings nicht erst aus der Zeit nach der Befreiung, sondern sie
wurden bereits während des Zweiten Weltkriegs angefertigt und gesammelt. Insbesondere
schriftliche Erfahrungsberichte der Verfolgung dienten der Dokumentation der NS-Verbrechen und
als Beweise für eine Anklage der Täter. Mit der frühen organisierten Sammlung von Zeugenberichten
war zugleich eine Interpretation der Ereignisse verbunden, die wir heute den Holocaust nennen. Die
Stimmen und Geschichten der Opfer blieben gesamtgesellschaftlich jedoch bis in die 1960er Jahre
marginalisiert und oft ungehört.
Im Verlauf der vergangenen 80 Jahre haben sich Formen und Funktionen der Zeugenschaft von
Überlebenden grundsätzlich verändert. Im Gegensatz zur frühen Nachkriegszeit in Europa steht nun
weniger die konflikthafte Kommunikation der Betroffenen über noch nie dagewesene historische
Ereignisse im Fokus. Vielmehr hat sich eine gesellschaftliche Erwartungshaltung entwickelt, die aus
der erlittenen Gewaltgeschichte universelle Lehren für die Zukunft ableiten will. Der Vortrag setzt
sich dahingehend kritisch mit der Funktionalisierung und Moralisierung der Erinnerung an den
Holocaust in Westeuropa, Amerika und Australien auseinander. Im Zentrum steht die Frage, in
welchem Verhältnis die Erfahrungen der Opfer zur historischen Wissensbildung über
Nationalsozialismus und Holocaust stehen.
Daniel Schuch, M.A. (*1988) studierte Geschichtswissenschaft, Politologie und Soziologie in Dresden
und Jena. Seit 2015 ist er Doktorand an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und forscht zu
Transformationen der Zeugenschaft des Holocaust von der frühen Nachkriegszeit bis zur
Jahrtausendwende. Aktuell arbeitet er als freiberuflicher Historiker in der Gedenkstätte Buchenwald
und lebt in Leipzig.
Eintritt: frei
Veranstalter: Stadtbibliothek "Rudolf Hagelstange"
Rückfragen: 03631 696267 // bibliothek@nordhausen.de